DAS MENSCHENBILD VON JEAN-JACQUES ROUSSEAURousseau bezieht ganz klar eine Gegenposition zu Hobbes, welcher behauptet, der Mensch sei natürlicherweise böse und darauf aus, dem anderen zu schaden. Er orientiert sich - anhand von Reiseliteratur - an Völkern aus fernen Ländern (Afrika), um den Naturzustand abzuleiten. Hobbes wirft er vor, er hätte den "heutigen" Menschen genommen und daraus einen Naturzustand abgeleitet. Der Mensch sei aber bereits zu sehr vergesellschaftet, als dass aus seinem Verhalten der Naturzustand abgeleitet werden könnte. Rousseau versucht nun herauszufinden, wie der Mensch vor der Gesellschaft gewesen sein könnte und nicht, wie er ohne die Institutionen der Gesellschaft handeln würde. Für Rousseau ist der Mensch im Naturzustand körperlich schnell, gesund und zäh, also in einer naturbestimmten Umgebung überlebensfähig. Er ist selbstgenügsam, der einzelne Mensch lebt autark, gründet noch keine Familie, lebt als Einzelgänger. Zukunft interessiert ihn nicht, ihm reicht das Leben in der Gegenwart. In Rousseaus Naturzustand hat der Mensch drei Haupteigenschaften:
Der Mensch im Naturzustand ist frei, und damit auch frei, sich beliebig zu ändern oder anzupassen. Zu allererst ist der Mensch im Naturzustand gut. Allerdings ist der Mensch im Naturzustand eigentlich noch gar kein Mensch, er unterscheidet sich vom Tier nur durch vorhandene Fähigkeiten (wie Sprechen, Vernunft und Selbstbewusstsein), welche noch nicht ausgebildet sind. Er ist relativ alleine und lebt nur in losem Zusammenschluss mit anderen. In dieser Zeit wird er nur von Selbstliebe und Mitleid angetrieben. Das Bevölkerungswachstum führt allerdings zum Anwachsen der Bedürfnisse und damit zur Verknappung der von der Natur ohne menschliche Mithilfe erzeugten Nahrungsmitteln. Als es zur Verstärkung der Beziehung zu anderen Menschen kommt, wandelt sich die Selbstliebe zu Selbstsucht. Es bilden sich unterschiedliche Eigentums- und Rangverhältnisse heraus und damit kommt es zur Entfremdung. Die Gesellschaft und inbegriffen die Menschen, welche die Gesellschaft bilden, sind daher nicht das, was Menschen sein könnten und sollten, sie sind entartet. Die vergesellschaftete Mensch oder die Gesellschaft an sich ist der Ursprung allen Schlechten, z. B. des Neides und der Missgunst, der Oberflächlichkeit, der Ungerechtigkeit und natürlich auch der Ungleichheit unter den Menschen. Daraus müsste man eigentlich folgern, dass Erziehung unmöglich sei, da auch
sie ein Werk der Gesellschaft sei und damit nichts anderes erreichen könne, als
die Natur des Menschen abzutöten. Rousseau stellt allerdings die These auf, dass
der Mensch von Natur aus ein Bedürfnis nach Lernen und damit nach Erziehung hat:
"Wir werden geboren mit der Fähigkeit zu lernen, sind jedoch ohne Wissen und
Erkenntnisse." (Emile). Die Erziehung des Menschen fange schon mit seiner Geburt
an, Kinder erwerben Kenntnisse, bevor sie hören oder sprechen können, die
Erfahrung gehe der Lehre voraus. |