DAS MENSCHENBILD VON THOMAS HOBBES

"Homo hominis lupus", lautet Thomas Hobbes´ berühmtester Ausspruch, der sein negatives Menschenbild in eine einprägsame Formel bringt.

Hobbes geht davon aus, dass in einer menschlichen Gesellschaft, in welcher es keine von Menschen gemachten Gesetze und Regeln gibt (= Naturzustand), menschliches Handeln bestimmt wäre von den jeweiligen egoistischen Eigeninteressen der Menschen, welche ihrem Selbsterhaltungstrieb entspringen. Die Tatsache, dass der Mensch allein seinem Selbsterhaltungstrieb folgen soll, steht dabei nicht im Widerspruch mit Hobbes´ Annahme, dass Menschen vernunftbegabte Wesen seien, denn Vernunftbegabtheit zieht keine Moralbegabtheit nach sich, und im Naturzustand kann die einzig logische Handlung nur die sein, die dem Individuum nützt.

Weiters betont Hobbes, dass die Menschen hinsichtlich ihrer Fähigkeiten gleich begabt sind. Trotz der Tatsache, dass es stärkere und schwächere Menschen gibt, "wird man gewiss selten einen so schwachen Menschen finden, der nicht durch List und in Verbindung mit anderen, die mit ihm in gleicher Gefahr sind, auch den stärksten töten könnte" (Leviathan, Kap. 13). Die Gleichheit, die Hobbes meint, verkennt also nicht, dass Menschen mit unterschiedlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten ausgestattet sind. Doch ist es der Geist, der die körperliche Schwäche ausgleicht und umgekehrt.

Auch sind alle Menschen frei und jeder hat das natürliche Recht, sein egoistisches Interesse unbegrenzt, auch gegen den Widerstand der anderen, durchzusetzen. "Freiheit" bedeutet für Hobbes aber nicht, dass der Mensch unabhängig von seinen Trieben agieren kann (ganz im Gegenteil - für ihn ist der Mensch triebbestimmt), sondern nur, dass er (im Naturzustand) nicht durch äußere Gesetze in seiner Interessensverwirklichung behindert wird. Die dem Menschen angeborene Freiheit ist ein natürliches Recht (ius naturale). Diese Freiheit besitzt logischerweise jeder Mensch, doch beim Ausschöpfen dieser Freiheit greift man zumeist in die Freiheit eines anderen ein.

Nun kann sich aber - aufgrund der Gleichheit der Kräfte - jeder berechtigte Hoffnung auf die Erfüllung seiner Triebe machen. Am wichtigsten ist hierbei der Wunsch nach Selbsterhaltung. Da der Mensch in seinem sozialen Gefüge eingefügt ist, aus dem er sich nicht befreien kann, mit dem er interagieren muss - obwohl er nicht mit einer natürlichen Sozialität ausgestattet ist - wird ein Wettbewerb entstehen, sich Güter vor den anderen zu sichern. Für Hobbes sind es drei Konfliktursachen, die in der menschlichen Natur liegen: Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmsucht. Was nun aus der Triebbestimmtheit einerseits und der Gleichheit der menschlichen Kräfte andererseits folgt, ist der so genannte "bellum omnium contra omnes" (Jeder kämpft gegen jeden).

Dieser Zustand jedoch steht dem grundlegendsten Interesse des Menschen, sich selbst zu erhalten, entgegen. Deshalb wird der Naturzustand beendet und eine staatliche Macht geschaffen. (Gesellschaftsvertrag)