ERIK ERIKSONS PSYCHOANALYTISCHE ENTWICKLUNGSSTUFEN

Erik Erikson (1902 - 1994) führte zwar den freudschen Ansatz fort, betonte aber die Funktionen des "Ich" mehr. Bei der Entwicklung berücksichtigt er außer den psychosexuellen auch die psychosozialen Gegebenheiten. Den Entwicklungsbegriff hat er auf die gesamte Lebensspanne ausgeweitet: Jedem Lebensabschnitt ordnet er spezielle eigene Probleme zu. Damit sind Konflikte des Jugendlichen oder des Erwachsenen keine "Aufgüsse" frühkindlicher Störungen mehr, wie es Freud sah, sondern sie haben ihre eigene Dynamik. Die positive Bewältigung einer vorangegangenen Entwicklungsphase ist nicht unbedingt die Voraussetzung, um die nächst höhere zu erreichen. Ein erfolgreiches Durchlaufen einer Phase erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, die darauf folgende ebenso positiv zu bewältigen.

 

Krise angemessene Lösung unangemessene Lösung
Vertrauen vs. Misstrauen
0 - 1,5 Jahre
stabiles Sicherheitsbewusstsein durch Geborgenheit, Liebe, Umsorgt - Werden; angemessenes Bindungsverhalten Unsicherheit, Angst durch Vernachlässigung
Autonomie vs. Selbstzweifel
1,5 - 3 Jahre
Selbstwahrnehmung als Handelnde(r), als fähig zur Körperbeherrschung, als fähig, Geschehnisse zu verursachen;
die vom Kind angestrebte Selbstständigkeit wird akzeptiert und gefördert
Zweifel an der eigenen Fähigkeit, Ereignisse zu kontrollieren, übertriebene Anpassung durch übermäßige Kontrolle, Kritik und keine Möglichkeit, sich von den Eltern zu emanzipieren
Initiative vs. Schuld
3 - 6 Jahre
Vertrauen auf eigene Initiative und Kreativität durch die Möglichkeit, Neugierde zu stillen fehlendes Selbstwertgefühl durch Über- oder Unterforderungen, Schuldgefühle durch zu strikte Verbote
Kompetenz vs. Minderwertigkeit
6 Jahre - Pubertät
Vertrauen auf soziale und intellektuelle Fähigkeiten durch Stolz über die eigene Leistung (Erfolgserlebnisse) Gefühle des Versagens, mangelndes Selbstvertrauen
Identität vs. Rollendiffusion
Jugend (Adoleszenz)
Identität und Rolle in der Gesellschaft Identitätsprobleme, Rollendiffusion
Intimität vs. Isolierung
junges Erwachsenenalter
Fähigkeit zur Nähe und zur Bindung an jemanden anderen Gefühl der Einsamkeit, des Abgetrenntseins; Leugnung des Bedürfnisses nach Nähe
Generativität vs. Stagnation
mittleres Erwachsenenalter
Interesse an Familie, Gesellschaft, künftigen Generationen, das über unmittelbar persönliche Belange hinausgeht selbstbezogene Interessen; fehlende Orientierung an der Zukunft, "Midlife-crisis"
Ich-Integrität vs. Verzweiflung
höheres Erwachsenenalter
Gefühl der Ganzheit, grundlegende Zufriedenheit mit dem Leben Gefühl der Vergeblichkeit, Enttäuschung