EIGENSCHAFTSTHEORIEN - FAKTORENTHEORIEN

Die Eigenschaftstheorien konzentrieren sich auf die Beschreibung der Persönlichkeit. Aus der Alltagspsychologie entwickelt, versuchen sie den Eigenschaftsbegriff, so wie er im Alltag verstanden wird, zu präzisieren und ihn für diagnostische Zwecke zu nützen.

Die Grundannahme ist, dass die Eigenschaften einer Person (auch Traits genannt) bestimmen, welches Verhalten eine Person in einer bestimmten Situation zeigt. Das heißt, wie aggressiv ein Mensch reagiert, hängt sowohl von der Situation ab als auch davon, wie stark bei ihm die Persönlichkeitseigenschaft "Aggressivität" ausgeprägt ist. Die Persönlichkeit eines Menschen setzt sich aus unterschiedlichen Eigenschaften zusammen. Diese Eigenschaften werden als zumindest mittelfristig stabil angenommen (langfristige Änderungen werden nicht ausgeschlossen). Zudem wird angenommen, dass Eigenschaften zum einen vererbt, zum anderen jedoch auf Umwelteinflüsse zurückzuführen sind.

Einer der bekanntesten Vertreter des ideographischen Eigenschaftsansatzes ist GORDON ALLPORT.

Der ideographische Eigenschaftsansatz nimmt an, dass jede Person eine einmalige Kombination von Persönlichkeitseigenschaften aufweist. Eigenschaften ("Traits") sind sozusagen die Bausteine der Persönlichkeit und die Quelle der Individualität. Unter Eigenschaften versteht man generalisierte Handlungstendenzen, über die Menschen in unterschiedlichem Maße verfügen. Sie geben dem Verhalten einer Person in verschiedenen Situationen und im Zeitverlauf Kohärenz.

Allport bestimmte drei Arten von Eigenschaften:

  • Kardinaleigenschaften sind die fundamentalen Charakterzüge, um welche die Person ihr Leben aufbaut (z.B. Macht, Leistung, Opferbereitschaft). Nicht alle Menschen entwickeln Kardinaleigenschaften.
  • Zentrale Eigenschaften sind die wichtigeren Merkmale einer Person.
  • Sekundäre Eigenschaften sind weniger wichtige Persönlichkeitsmerkmale, wie bestimmte Einstellungen, Vorlieben und Verhaltensweisen.

Nach Allport bilden diese drei Arten von Eigenschaften die Struktur der Persönlichkeit, die wiederum das Verhalten des Individuums bestimmt. Als entscheidend für individuelles Verhalten betrachtet Allport eher Persönlichkeitsstrukturen als Umweltbedingungen.

Der englische Psychologe HANS JÜRGEN EYSENCK, ein führender Eigenschaftstheoretiker, erstellte ein Persönlichkeitsmodell, das auf rein experimentell - statistischen Grundlagen aufgebaut ist. Er leitete aus den Ergebnissen von Persönlichkeitstests drei breite Dimensionen von Eigenschaften (Typusfaktoren) ab:

  • Extraversion: Inwieweit ist eine Person nach innen oder nach außen orientiert?
  • Neurotizismus: Inwieweit ist eine Person emotional stabil oder labil?
  • Psychotizismus: Inwieweit ist eine Person freundlich und rücksichtsvoll oder aggressiv und antisozial?

Die ersten beiden Dichotomien lassen sich in einem Koordinatenkreuz, in dem theoretisch jeder Mensch untergebracht werden kann, darstellen. Jeder Quadrant entspricht dabei einem der vier Temperamente: Stabilität + Introversion = Phlegmatiker, Stabilität + Extraversion = Sanguiniker, Instabilität + Introversion = Melancholiker, Instabilität + Extraversion = Choleriker

Eysenck hat angenommen, dass Unterschiede in den drei grundlegenden Dimensionen genetische und biologische Ursachen haben.

Er stellt einen hierarchischen Aufbau der Persönlichkeit dar:

  • spezifische Reaktionen: bilden das niedrigste "Niveau" der Persönlichkeit. Es sind Verhaltensweisen, die nicht konstant sind, sondern mehr oder weniger ,

  • habituelle (gewohnheitsmäßige) Reaktionen: sind den spezifischen Reaktionen übergeordnet. Sie sind Verhaltensweisen, die bei einer bestimmten Person mehr oder weniger konstant sind.

  • Eigenschaften oder Persönlichkeitszüge (Traits): sind den habituellen Reaktionen übergeordnet und setzen sich aus einer Anzahl von gewohnheitsmäßigen Verhaltensweisen zusammen.

  • Der Typus: wird von mehreren zusammengehörigen Eigenschaften gebildet. Der Typus ist ein Syndrom (= Anzahl von Merkmalen) von statistisch zusammengehörenden, empirisch festgestellten Eigenschaften. Die Typen bilden das "oberste Niveau" der Persönlichkeit.

In jüngster Zeit hat sich jedoch in der Forschung ein Konsens darüber herausgebildet, dass fünf Faktoren die beste Beschreibung der Persönlichkeitsstrukturen liefern. Diese fünf Faktoren werde heute als das FÜNF-FAKTOREN-MODELL oder "DIE GROßEN FÜNF" ("BIG FIVE") bezeichnet. In der folgenden Tabelle werden die Dimensionen kurz beschrieben.

Extraversion:
gesprächig, energiegeladen, bestimmt, entscheidungsfreudig, Interesse an engen Bindungen

ruhig, reserviert, schüchtern, zögernd, zurückgezogen, reflexiv,

Verträglichkeit
verlässlich, freundlich, mitfühlend, bescheiden, sanftmütig, altruistisch

kalt, streitsüchtig, unbarmherzig, unkooperativ, misstrauisch, zynisch

Gewissenhaftigkeit:
gut vorbereitet, verantwortungsbewusst, vorsichtig, selbstdiszipliniert, kompetent
sorglos, verantwortungslos, leichtfertig, planlos
Emotionale Stabilität oder Neurotizismus:
stabil, ruhig, zufrieden, selbstsicher, unbefangen, entspannter Zugang zu Herausforderungen
besorgt, labil, launenhaft, ängstlich, depressiv, verletzlich
Offenheit für Erfahrungen:
kreativ, intellektuell, offen, Ablehnung von strengen Regeln und Autoritäten
einfach, oberflächlich, unintelligent, bodenständig
 

Weitere Informationen finden Sie auf der Seite: Einführung in die Eysencksche Typologie